Frauenwallfahrt in der Ulrichswoche

Mit einem „Herz, um zu denken“

AUGSBURG – Zwei Jahre lang musste die Frauenwallfahrt wegen ­Pandemie-Einschränkungen ausfallen. Nun wurde ihr 75. Jubiläum begangen. Unter dem Motto „Herztöne“ machten sich die Frauen mit dem Katholischen Deutschen Frauenbund der ­Diözese (KDFB) vom Dom aus auf den Weg zu einem Wallfahrtsgottesdienst in der Basilika St. Ulrich und Afra. 

„Wegen einer Prozession kann diese Haltestelle nicht bedient werden“, meldete die Anzeigentafel der Straßenbahnhaltestelle am vergangenen Mittwoch. Um 5.30 Uhr – die aufgehende Sonne tauchte Wolken und Himmel in zartes, rötliches Licht – steuerten zahlreiche Frauen den Domvorplatz an, wo sich die Ortsgruppen des KDFB mit Fahnen, Kreuz und Lautsprechern aufgestellt hatten.

 Anders als bei der ersten Frauen­wallfahrt 1947, bei der der Bistums­patron um „Frieden und die Rückkehr aller Gefangenen“ angerufen wurde, hatten die singenden und betenden Wallfahrerinnen mehr Glück.Es regnete nicht und der Weg führte glücklicherweise nicht an Trümmern, sondern nur an Baustellen vorbei. Dennoch empfanden es die Teilnehmerinnen angesichts des Ukraine-Konflikts nie wichtiger, für den Frieden einzustehen und zu beten. 

Die Basilika empfing sie mit feierlichen Glockengeläut. Mit der Schilderung der wunderbaren Gefühle einer werdenden Mutter beim ersten Ultraschall stimmte die geistliche Begleiterin des KDFB, Ursula Schell, berührend in das Motto „Herztöne“ ein. Die Welt brauche Menschen, die Herztöne wahrnehmen und schützen, andere Menschen erreichen und für Frieden und Liebe gewinnen, sagte sie. Wenn Frauen eingebunden seien, sei der Frieden oft nachhaltiger. So rief sie zur Verbundenheit mit jenen Frauen vor 75 Jahren und denen auf, die sich heute für Frieden einsetzen.

Auch Bischof Bertram machte die „Herztöne“ zum Mittelpunkt seiner nachdenklichen Predigt: „Wenn Herztöne unregelmäßig werden, nehmen wir sie wahr“, sagte er. Und doch bedeuten sie „zerbrechliches, schützenswertes und wunderbares Leben“. 

Raum für Gottes Wirken

Um dieses wüssten die Gläubigen, sagte er. „Doch wir sind in Gefahr, dem Wirken Gottes im Leben nicht den Raum zu geben, der zur Verwandlung führt.“ Hier flocht er Gedanken der Palliativpflegerin und Buchautorin Bronnie Ware ein, die im Umgang mit Sterbenden oft Reue erlebt hatte, nicht auf ihr Herz gehört und das Leben auf ein „unbestimmtes Später“ verschoben zu haben. 

Manchmal falle es auch schwer, zu hören, wenn man viel rede, erzählte der Bischof aus eigener Erfahrung und bezog sich auf das Buch „Herztöne“ von Geigenbauer Martin Schleske, aus dem er zitierte: „Lass deinem Ohr die Zeit, sich auf den Himmel einzustellen.“ Er rief dazu auf, wieder mehr „Resonanzkörper“ für den Heiligen Geist zu werden, statt die Kirche als „Debattierclub über Gott und die Welt“ eigenmächtig reformieren zu wollen. 

"Ulrichsbrot" zur Stärkung

Für einen Moment der Stille lud der Bischof die Frauen ein, mit der Hand auf dem Herzen auf ihr Innerstes zu hören. Zum Schluss gab er einen Rat mit auf den Weg: Es sei wichtig, für den Frieden in der Welt zu beten, aber auch, dass die Menschen im Kleinen auf ein Miteinander voller Empathie und Toleranz achten. „Gott hat uns ein Herz gegeben, um zu denken“, betonte er Worte nach Jesus Sirach (Sir 17,6). 

Der Brauch, mehrere Körbe mit Ulrichsbrot zu segnen, der bereits bei der ersten Frauenwallfahrt 1947  eingeführt worden war, durfte auch diesmal nicht fehlen. Die Brote wurden beim anschließenden gemeinsamen Frühstück verzehrt. 

Mit persönlichen Anliegen

Die KDFB-Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Elisabeth Böswald-Rid, zeigte sich sehr erfreut über die rege Teilnahme von mehreren hundert Frauen. „Wir konnten an die Wallfahrt von 2019 anknüpfen“, sagt sie. Und nun, im Ukraine-Krieg, zeige es sich umso deutlicher, wie wichtig es ist, den Frieden in die Welt zu tragen. „Man sieht, dass die Frauen mit dem Herzen dabei sind. Zudem hat jede oft ein persönliches Anliegen dabei.“ 

Die Frauenwallfahrt erreicht auch Jüngere: Die 15-jährige Sara hat gerade ihr Abschlusszeugnis erhalten und war zum ersten Mal dabei. Sie ergriff kurzfristig die Chance, mit ihrer Mutter Maria den Weg mitzugehen. „Es beeindruckt, zu dieser Uhrzeit in die Sonne zu laufen und den festlichen Gottesdienst mitzuerleben“, erzählten sie.

Lydia Schwab